07/VIII/14

Heute erhielt ich wieder einen Brief von einem früh verstorbenen Klassenkameraden. Er hieß Gero. Ihm hatte, wir waren im zweiten oder dritten Schuljahr, die Wucht eines umstürzenden Lastwagens das Hirn aus der Kopfschale geschleudert.

Er schreibt:

„Lieber T., ich habe dich nie gemocht, weil du mir vorkamst wie ein eitler Geck, mit all deinem Religionsgetue und dem Ich-mach-dies-nicht-mit-ich-mach das-nicht-mit. Dabei konnte jeder sehen, wie sehr du dir gewünscht hättest, vom Schulweihnachtsmann eine Geschenktüte zu erhalten oder an deinem Geburtstag in den grauen Karton zu greifen, den unsere Klassenlehrerin jedem Geburtstagskind unter die Nase hielt, damit es sich etwas von dem spannenden Schnickschnack aussuche, mit dem sie die kleine Schachtel angefüllt hatte. Nicht zu reden von der an diesem Tag gewährten Hausaufgabenbefreiung. Aber all das hast du mit einem hochnäsigen Kopfschütteln ausgeschlagen. Für mich warst du der größte Idiot, den wir in unserer Klasse hatten. Dummerweise bist du aber der einzige, der sich noch an mich erinnert.“

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert