Der Populismus lebt von der Idee, dass es für komplexe Probleme einfache Lösungen gibt.
Einfache Lösungen sind die Gute-Nacht-Geschichten für eine verängstigte Gesellschaft, die unter ihrem Bett jede Menge Monster vermutet, beruhigt werden will und deswegen gar nicht merkt, dass das wahre Monster neben ihr auf der Bettkante sitzt, ihre Hand hält und eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt.
Es gibt keine einfachen Lösungen. Das liegt aber weniger an dem Lösungsansatz, sondern in der für eine Problembehebung notwendigen Bereitschaft aller Beteiligten, diesen auch umzusetzen. Jeder weiß, dass es weniger Unfälle und Verkehrstote gäbe, führen wir nicht schneller als mit 100 km/h über unsere Autobahnen. Aber wer will das?
Ökostrom? Kein Problem. Würden alle auf Strom aus erneuerbaren Energien bestehen, flächendeckend Elektro-Automobile kaufen und ihren Rechner nicht 24/7 auf Bereitschaft halten, wären Kohle- und Atomkraftwerke nur noch Museen oder Tatort-Kulissen. Und gelänge der Verzicht auf fossile Energie sogar weltweit, dann könnten die saudischen Prinzen endlich wieder ungestört ihren zwei Kerngeschäften nachgehen: Kamele züchten und Frauen unterdrücken.
Auch für das Flüchtlingsproblem gibt es zwei einfache Lösungen.
Die eine: Keinen reinlassen und von denen, die drin sind, möglichst viele abschieben.
Die andere: Integration. Deutschkurse, Flyer, bebilderte Kultur- und Verhaltensführer, Verteilung auf möglichst viele Kommunen, schnelle Bearbeitung der Anträge, Arbeitserlaubnis, Currywurst, Fußball.
Das Problem mit den einfachen Lösungen: Sie riechen entweder nach Diktatur oder nach Utopie. Denn um einer einfachen Lösung ihr hübsches Aussehen zu erhalten – obwohl alle Folgeerscheinungen ihr das Gesicht schon längst in blutige Stücke geschlagen haben – braucht es entweder ein gehöriges Maß an Faschismus oder an rauschartigem Realitätsverlust. Was am Ende auf das gleiche hinausläuft.
Es gibt keine einfachen Lösungen. Demokratie ist von allen politischen Konstruktionen die schwierigste, weil sie ihr selbst gestecktes Ziel niemals erreichen wird: Alle Menschen zufrieden zu stellen, ohne ihnen vorschreiben zu wollen, wie diese Zufriedenheit auszusehen hat.
Für einfache Lösungen ist da kein Platz. Demokratie selbst ist ein ungelöstes Problem, denn sie muss sich immer wieder neu erfinden, neu definieren, erneut ihren Platz erkämpfen, eben weil sie nicht einfach ist, nicht bequem, nicht beruhigend. Die Demokratie ist keine Gute-Nacht-Geschichte, die einen von den Monstern unter dem Bett ablenken soll, sondern die Aufforderung, unter das Bett zu kriechen und selbst nachzuschauen. Und sich dem zu stellen, was man dort findet.