Sünde, schreibt Kierkegaard im zweiten Abschnitt von “Die Krankheit zum Tode”, ist die potenzierte Schwachheit oder der potenzierte Trotz. Sie ist, so der dänische Philosoph, die Potenzierung der Verzweiflung.
Nur ein christlich modellierter Geist kann Schwachheit, Trotz und Verzweiflung zusammenschirren, um sie in das Zentrum existenzieller Erschütterungen zu treiben. Denkt man sich dagegen die Sünde weg, dann sind Schwachheit, Trotz und Verzweiflung nur Ampeln auf dem Lebensweg, die lieber rot als grün zeigen, aber nichts damit zu tun haben, welche Richtung man letztendlich einschlägt.
Kierkegaard war entweder zu gläubig oder einfach nur zu sehr Mensch, um sich mit dem perversen Konzept der Sünde wirklich anfreunden zu können. Eine ganze Philosophie begründete er nur in dem Bestreben, Mensch zu bleiben angesichts einer unmenschlichen Gottheit.